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Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)
Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) ist das deutsche Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht.
Inkrafttreten
Das Gesetz wurde vom Deutschen Bundestag am 24. August 1976 erlassen und trat am 1. Januar 1977 in Kraft. (Quelle) Es ist also gar nichts Neues, sondern ein alter Zopf.
Wesentliche Inhalte
Definition von Fernunterricht: Fernunterricht ist die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (Quelle). Dies umfasst sowohl klassischen Fernunterricht als auch E-Learning-Angebote. Es umfasst Lernkurse, aber auch z.B. Coachings.
Kernbestimmungen:
- Zulassungspflicht: Fernlehrgänge bedürfen einer staatlichen Zulassung durch die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU)
- Informations- und Vertragspflichten: Umfassende Aufklärungs- und Informationspflichten für Anbieter
- Verbraucherschutz: Besondere Widerrufs- und Kündigungsrechte für Teilnehmer
- Qualitätssicherung: Standards für die Qualität des Fernunterrichts
Anwendungsbereich: Das Gesetz gilt grundsätzlich für entgeltlichen Fernunterricht. In besonderen, gesetzlich ausdrücklich geregelten Fällen findet das FernUSG auch auf unentgeltlichen Fernunterricht Anwendung. (Quelle)
Nach neuerer Rechtsprechung gilt es sowohl für Verbraucher- als auch für Unternehmerverträge.
Aktuelle Fassung: Die aktuelle Fassung ist die Bekanntmachung vom 4. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1670), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3483) geändert worden ist. (Quelle)
Das Gesetz ist aufgrund der digitalen Entwicklung in der Bildungsbranche zunehmend relevant geworden und betrifft heute auch viele Online-Kurse, Webinare und digitale Coaching-Angebote.
Wann gilt das FernUSG, und wann nicht?
Die vier kumulativen Voraussetzungen nach § 1 FernUSG
Ein Online-Angebot fällt unter das FernUSG, wenn alle vier Kriterien gleichzeitig erfüllt sind:
- Entgeltlichkeit
- Der Kurs muss verkauft werden (Quelle)
- Kostenlose Online-Kurse gehören also nicht dazu (Quelle)
2. Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten
- Entscheidend ist, was tatsächlich gemacht wird und nicht die Bezeichnung (Quelle)
- Reine Freizeitkurse gehören nicht dazu, z.B. "wie topfe ich richtige Blumen um" (Quelle)
- Ausnahme: Hobby-Lehrgänge, die der privaten Unterhaltung oder Freizeitgestaltung dienen ZFU sind nicht zulassungspflichtig
3. Räumliche Trennung (der kritische Punkt)
Lehrende und Lernende müssen ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind (Quelle)
Präzise Abgrenzung nach ZFU:
- Live-Online-Seminare sind nicht zulassungspflichtig, da sie synchron in Echtzeit stattfinden und keine räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden im Sinne des FernUSG besteht (Quelle)
- Online-Seminare sind nicht zulassungspflichtig, wenn Präsenzseminare oder Phasen synchroner Kommunikation einen Anteil von 50 % überschreiten (Quelle)
- Live bedeutet dabei tatsächlich live, ohne die alternative Möglichkeit sich die Lerneinheit auch wann anders angucken zu können (Quelle).
ABER: Werden die synchronen Maßnahmen jedoch den Teilnehmenden als Aufzeichnung zur Verfügung gestellt, werden diese dem asynchronen Lernen zugeordnet (Quelle)
→ Also die Angebote a la Dirk Kreuter fallen allesamt unter das FernUSG.
4. Lernerfolgskontrolle (der umstrittenste Punkt)
Der Lehrende oder sein Beauftragter muss den Lernerfolg überwachen (Quelle)
Nach aktueller Rechtsprechung gilt bereits als Lernerfolgskontrolle:
- Die Beantwortung von individuellen Fragen der Lernenden (Quelle)
- WhatsApp-Kommunikation und Mitgliederbereiche (OLG Celle)
- Q&A-Sessions oder in WhatsApp- oder Facebook-Gruppen (Quelle)
- Die Möglichkeiten, Fragen an den betreuenden Online-Tutor per Telefon oder in sozialen Netzwerken wie Chat (Quelle)
Strengere Auffassung neuerer Urteile:
- Eine reine "Selbstkontrolle" durch die Teilnehmer genügt nicht, ist also OK (Beispiel: integrierte Quizzes). Vielmehr muss vertraglich eine Prüfung, Checkliste o. ä. geschuldet sein (OLG Köln)
- Allein die Möglichkeit, Fragen zu stellen, genügt nicht. Vielmehr muss der Anbieter aktiv den Lernerfolg seiner Teilnehmer überwachen (OLG Naumburg)
Fällt NICHT unter das FernUSG:
Live-Formate ohne Aufzeichnungen
- Reine live Coaching-Angebote (ohne Aufzeichnungen) (Quelle)
- Online-Lehrgänge, bei denen Lehrer und Schüler gleichzeitig zum Beispiel über einen Videochat oder ein virtuelles Klassenzimmer miteinander verbunden sind ZFU
Reine Selbstlernkurse
- Reine Selbstlernkurse (ohne Möglichkeit, inhaltliche Fragen zu stellen) (Quelle)
- Selbstlernkurse fallen dann nicht unter das FernUSG, da sie keine individuelle Lernerfolgskontrolle haben (Quelle)
Überwiegend Live-Angebote
- Wenn der Live-Anteil mindestens 51% beträgt (Quelle)
- Fernkurse mit mehr als 50 % Präsenzunterricht (ZFU)
Weitere Ausnahmen
- Fernstudiengänge von Hochschulen, die keinen privatrechtlichen Vertrag erfordern (ZFU)
- Kostenlose Angebote (außer in besonderen gesetzlich geregelten Fällen)
Rechtliche Konsequenzen
Bei fehlender ZFU-Zulassung:
- Der Vertrag über diesen Online-Kurs ist nichtig (Quelle)
- Der Online-Kursbesucher kann sein Geld zurückverlangen (Quelle)
Die Rechtsprechung ist aktuell uneinheitlich, besonders bei der Frage der Lernerfolgskontrolle. Viele Gerichte tendieren zu einer weiten Auslegung, während neuere Urteile strengere Maßstäbe anlegen.
Das aktuelle Gerichtsurteil
Das aktuelle Gerichtsurteil, das einige Wellen schlägt, findet ihr hier. Es beinhaltet eigentlich nichts wirklich Neues, sondern ist nur eine Bestätigung dessen, was man seit Jahrzehnten weiß. Aber einige machen damit Panik, weil sie damit Geld verdienen wollen.
Smile and wave!